Geschichte der lokalen Wildvogelhilfe….

 

„Eigentlich“ wollte unser NABU-Aktiver Nikolaus Strupp vor Jahren „nur“ als Vogelschutzberater innerhalb der VG Rhein-Selz aktiv sein.

Da die VG-Verwaltung trotz seiner wiederholten Intervention aber noch immer keine Tierrettung organisiert, fungiert der Vogelschützer mehr und mehr auch als Ersthelfer für verwaiste und verletzte Wildvögel.

Im Idealfall werden diese Tiere dann für weitere Pflegemaßnahmen in geeignete Auffangstationen vermittelt.

Nicht selten sind es aber widrige Umstände, die dazu führen, dass er einzelne Patienten, Kleinvögel ebenso wie Greife, auch für die Langzeitpflege in Obhut nehmen muss.

Beispielhaft ist etwa, dass in den zunehmend heißen Sommermonaten junge Mauersegler und Schwalben noch flugunfähig die Nester verlassen, während in den bekannten Pflegestationen bereits die Kapazitätsgrenzen überschritten sind.

Erheblich verschärft wird die Gesamtsituation vor allem aber durch die Tatsache, dass der Bestand an Hauskatzen (bundesweit aktuell ca. 15 Millionen!) und damit auch die Zahl der Freigänger (= Jäger) gerade im ländlichen Raum weiterhin rasant wächst.

In der Folge muss sich unser NABU-Mann vermehrt um gefiederte Opfer kümmern, die nach Katzenkontakt (durch Zähne und/oder Krallen) bakteriell infiziert sind.

Eine Überlebenschance besteht dann nur noch, wenn die tierärztliche Versorgung mit geeigneten Antibiotika innerhalb weniger Stunden erfolgt.

Was hier besonders tragisch ist: Nicht selten sind Katzenbesitzer, die einen verletzten Beutevogel zur Pflege geben, vom schlechten Gewissen geleitet und verheimlichen daher zunächst den eindeutigen Katzenkontakt!

Derart betroffene Vögel zählen vielfach für mehr als 2 Wochen zu den akuten Pflegefällen!

 

So kam über die Jahre eine ganze Menge an Besonderheiten zusammen, die der NABU-Aktive erlebt hat. Gerade aus der „Langzeitbeziehung“ zu einzelnen Pfleglingen resultierten wohl die markantesten Erfahrungen.

So gehört es für Nikolaus schon fast zum Repertoire, wenn ihm ausgewachsene Falken oder Waldohreulen, die er als verwaiste Nestlinge aufnehmen musste, kurz vor deren Auswilderung im Flug eine Beute aus der Hand reißen oder eben mal auf seinem Kopf landen!

 

Viel bedeutsamer ist für ihn jedoch die bleibende „Freundschaft“ mit dem Niersteiner Schwanenpaar - eine Bindung, die vor nunmehr 8 Jahren durch ein „Notgelege“ am dortigen Rheinufer ihren Anfang nahm.

Was war geschehen?! Die damals frisch befruchtete Schwanfrau war höchst wahrscheinlich kurz vor der Eiablage aus ihrem Brutrevier vertrieben worden und mit entsprechendem „Eidruck“ samt Partner am Niersteiner Ufer gelandet. Dort wurde das Ei dann auf den blanken Steinen (!) abgelegt. Besorgte Passanten, die dies bemerkt hatten, meldeten sich hilfesuchend bei Nikolaus, der sich rasch mit geeignetem Nistmaterial auf den Weg machte.

Ganz eilig wurde eine provisorische Nestmulde geschaffen, die die werdenden Eltern akribisch ergänzten, um sie schließlich mit insgesamt 4 Eiern „zu schmücken“!

Nach ca. 30 Tagen war die Erwartung am Rheinufer natürlich groß und nicht wenige Passanten teilten dort die Elternfreuden. Über die Jahre waren manche Turbulenzen und zweimal sogar die drohende Überflutung durch Hochwasser mit handfestem Einsatz zu meistern.

Die Freundschaft des Vogelschützers mit dem Schwanenpaar gipfelt in den jüngeren Jahren darin, dass er im zeitigen März schon erwartet wird, wenn er mit einem Bottich voller Nistmaterial ankommt. Dieses wird dann jeweils an einer Stelle ausgebreitet, die vom Hochwasser nicht tangiert werden kann.

Im Frühjahr 2020 folgten die Schwaneneltern ihrem Helfer sogar vom Niersteiner Bahnhof bis zum nördlichen Ende der Promenaden-Parkplätze, als er wieder mit seinem Bottich kam!

 

 

Über all dem steht für den NABU-Mann aber die Erfahrung, die er vor einigen Jahren während der Langzeitpflege einer Sumpfohreule machte. Als das verletzte Tier zu ihm kam, lautete der tierärztliche Befund sehr ernüchternd: Komplizierter Abriss in der Schulter mit nur minimaler Aussicht auf Wiedererlangung der vollen, lautlosen Flugfähigkeit! Was darauf folgte, war die Unterbringung in der Voliere von Nikolaus, die nach ganzen neun Monaten (!) ihren unerwartet glücklichen Abschluss fand! Begünstigend war dabei gewiss, dass sich schon nach kurzer Zeit eine für den Vogel völlig angstfreie Sphäre ergeben hatte. Was aber für die Fachwelt am erstaunlichsten war und blieb: Bereits nach ca. 3 Wochen begann die Eule, mit einem bestimmten „Amsellaut“ zu antworten, wenn sie von Nikolaus derart „angesprochen“ wurde. Und mehr noch: Bei den nächtlichen Fütterungen „forderte“ das Tier schon sehr bald ganz offensiv eben diesen Dialog! Ja, so beschreibt der Vogelschützer die eindeutige Kontaktsuche eines gefiederten Patienten, der zunächst seine Abhängigkeit erkennt, um schon bald zu spüren, dass ihm hier nur Gutes widerfahren wird!

Und das Ende dieser Geschichte? Es dauerte von Oktober bis in den Mai, bis die Sumpfohreule durch immer kräftigere Flügelschläge signalisierte, dass sie nun mehr Platz braucht - und den bekam sie dann in einer größeren Voliere in der Rüdesheimer Adlerwarte. Dort waren es nur noch wenige Wochen, bis sich die neue Gastgeberin zu fürchten begann, weil der Vogel bei den Fütterungen plötzlich lautlos (!) neben ihr „in der Luft stand“ - das sehnlich erhoffte Ergebnis nach vielen bangen Monaten! Im Juni warteten dann 4 begeisterte Augenzeugen gespannt auf den Flug der Eule in die wiedergewonnene Freiheit. Dieses nachhaltig beeindruckende Ereignis fand damals in den weitläufigen Feuchtgebieten bei Rhein-Dürkheim statt.

 

Für alle Pflegenden in der Wildvogelhilfe bedeuten die hier angeführten Beispiele aus der Praxis ein Leben zwischen Sterbebegleitung und der Hoffnung auf gelingende Wiederauswilderungen!

 

Bei alldem darf auch nicht vergessen werden, dass die Versorgung von verletzten/verwaisten Wildvögeln mit artgerechter Nahrung nicht unerhebliche Gelder verschlingt! So hat sich unsere NABU-Gruppe mit Blick auf die letzten 5 Jahre mit mehr als € 1.000,-- an den Kosten für die Fütterung von Kleinvögeln mit Insekten unterschiedlichster Arten beteiligt. Da war es ein großer Glücksfall, dass Nikolaus über lange Jahre völlig kostenlos (unbehandelte!) Labormäuse für die Versorgung zahlreicher Greifvögel, Graureiher und Rabenvögel bekommen konnte. Doch eben diese „Quelle“ ist ganz plötzlich versiegt, sodass von nun an auch noch horrende Kosten für den Einkauf tiefgefrorener Mäuse und Hühnerküken entstehen! Das wird die Kasse unserer NABU-Gruppe zusätzlich und spürbar belasten!

 

Weitere Info´s dazu : siehe weiter unten...

... und ein Bericht von der jüngsten Spenderin!

 

Als nun das Problem wachsender Kosten für die Futtermittel-Beschaffung erstmals publiziert wurde, machte unser NABU-Aktiver überraschende Erfahrungen der ganz anderen Art. Da meldete sich gleich mal ein großzügiges Mitglied unserer Gruppe, um sich spontan und zweckgebunden mit einer Spende von € 300,-- zu solidarisieren.

 

Weitaus verblüffender und völlig außergewöhnlich war jedoch das Spendenangebot der zehnjährigen Lieke Engelhardt, die sich nach Vermittlung durch ihren Vater telefonisch bei Nikolaus meldete. Ihr Anliegen war es, eine zunächst unbekannte Geldsumme, die sie im Rahmen privater Flohmärkte vereinnahmt hatte, für einen guten Zweck ihrer Wahl spenden zu wollen. Und: Es sollte, nach reiflicher Abwägung, unbedingt (!) ein Beitrag zur Versorgung von Pflegevögeln sein! Von Nikolaus wissen wir, dass er sich recht schwer damit tat, dieser zutiefst menschlichen Erfahrung den angemessenen Umgang mit der jungen Spenderin folgen zu lassen! Und was dabei heraus kam? Man einigte sich darauf, den nächsten, notwendigen Einkauf von Futtertieren zur „gemeinsamen Sache“ zu machen, und somit den schnöden Akt einer Geldübergabe zu umgehen! So kam es denn zum Ausverkauf des gesamten Bestandes an tiefgefrorenen Mäusen, die in einem örtlichen Fachhandel gerade zu haben waren. Und wenn noch mehr auf Lager gewesen wäre, dann hätte es stramme € 100,-- kosten dürfen – alle Achtung! Auch dieses Erlebnis mit der jungen Lieke wird sich bei Nikolaus zu den ewigen Erinnerungen anhaften….

Foto und Erlaubnis zu Veröffentlichung : T.Engelhardt
Foto und Erlaubnis zu Veröffentlichung : T.Engelhardt

 

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass das jetzige Ereignis seine „tierische Vorgeschichte“ hat: Lieke war es nämlich, die vor einigen Jahren für einen Mauersegler-Findling die passende Pflegestelle suchte und sich dadurch die Bekanntschaft mit Nikolaus entwickelte. Nachdem der Vogel bei unserem NABU-Mann flugfähig geworden war, konnte Lieke ihm damals auf der Oppenheimer Festwiese (in Anwesenheit der Kinder des Naturkindergartens) die Freiheit schenken…. ein wahrlich „erhebendes Gefühl“ für alle Beteiligten!

Berichte zu unseren Exkursionen

Der Neuntöter brütet in offener Kulturlandschaft mit Hecken und Dornengebüsch. Er spießt erbeutete Insekten gerne auf Dornen zur weiteren Verarbeitung auf.
Der Neuntöter brütet in offener Kulturlandschaft mit Hecken und Dornengebüsch. Er spießt erbeutete Insekten gerne auf Dornen zur weiteren Verarbeitung auf.